Vernetzung ist Teil unseres schönen, neuen Lebens. Sobald wir unsere Daten preisgeben, sei es beispielsweise mittels Kundenkarte oder Standortfreigabe am Handy, werden diese Daten weiterverarbeitet und oft in einen neuen Kontext gestellt. Um beim Beispiel der Kundenkarte zu bleiben: Es ist kein Zufall, dass wir uns über Rabattgutscheine für Bio-Gemüse freuen dürfen, wenn wir doch so gerne welches kaufen. Das Thema Big Data kann und muss man kritisch sehen – aber die Daten sind vorhanden und werden mit Sicherheit noch mehr. Ein befreundetes Büro, die spanischen Architekten Eddea Arquitectura, fragte sich, wie man die gespeicherte Informationen sinnvoll nutzen könnte. Ihre Idee dazu heißt: „Citythinking“. Dahinter steckt eine Methode, um vorhandene Daten über eine gestellte Aufgabe darzustellen, zu hinterfragen und zu verknüpfen, um daraus Insights für eine klug gedachte Architektur abzuleiten.
Es war einmal ein Zementwerk, irgendwo zwischen Cordoba und Granada. Als die Fabrik überraschend geschlossen wurde, verloren über 100 Angestellte ihren Job.
Die Betroffenen leisteten unermüdlich Widerstand. Mit Erfolg. Zwar wurde die Schließung des Zementwerks nicht zurückgezogen, aber man einigte sich, eine alternative Lösung für die Arbeiter und deren Familien zu suchen. Herkömmliche Herangehensweisen konnten das Problem nicht lösen, es mussten Alternativen gefunden werden, und so wurde das spanische Architekturbüro eddea beauftragt, die Lage zu untersuchen und einen Lösungsvorschlag zu entwickeln der die lokalen Potentiale nützt. Mithilfe der Methode von Citythinking wurden vielschichtigste Daten gesammelt, miteinander in Beziehung gesetzt und analysiert. Eines der unerwarteten Ergebnisse war, dass sich um das Gebiet der Fabrik die größte Konzentration an Olivenbäumen weltweit befindet. Doch inwiefern sollte das den arbeitslosen Arbeitern helfen? Nun, die Citythinker schlussfolgerten wie folgt: Es gab eine leerstehende Fabrik, Arbeiter vor Ort und massenweise Rohstoff für Pellets vor der Haustür. Die rettende Idee war geboren und das „Märchen“ perfekt. Die vorhandene Infrastruktur konnte umfunktioniert, die Schnittabfälle zu Pellets verarbeitet und ein energieproduzierendes Ökosystem geschaffen werden: dort wo zuvor 35.800 MWh Energie pro Jahr verbraucht wurden, können heute 57.000 MWH Energie jährlich produziert werden! - und niemand verlor seinen Job, im Gegenteil: es wurden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen!
Die Idee von Citythinking hat uns so gefesselt, dass wir diese Methode gemeinsam mit dem Büro Eddea neu aufgegriffen und unsere Gedanken dazu in eine Aussendung gossen haben. Unter dem Titel „Stadtgespräche“ veröffentlichten wir eine Zeitungsbroschüre, mit der wir tatsächlich für Gesprächsstoff sorgten.
Wir machten keinen Hehl aus unserer Meinung, dass wir gerade den sozialen Wohnbau als zu kurz gedacht empfinden. Die Kosten beim Bau dürfen nicht die einzigen Parameter sein. Menschliche Bedürfnisse wie Behaglichkeit, Grundrisszuschnitt, persönlicher Freiraum sowie Energieeffizienz und die Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten müssen eine ebenso große Rolle spielen. Die Frage nach dem Warum ist hierbei der Schlüssel zu neuen Lösungen. Die „Stadtgespräche“ machten uns zum Talk of Town und führten zu einer Einladung zum Ars Electronica Festival.
„Wir sehen die zeitgenössische Architektur in der Verantwortung, ressourcenschonende und sozialgerechte Entwicklungen der Städte zu ermöglichen“. Tp3 Architekten und Eddea Arquitectura haben gemeinsam die Methode von Citythinking für das Thema des Ars Electronica Festivals „Post City“ weitergedacht und einen strategischen Entwicklungsprozess mit einen kreativen Lösungsansatz für die zukünftige städtebauliche Entwicklung, verknüpft.
Wer kennt sie nicht, die Europalette? Ein normiertes, uniformes und einfaches Massenprodukt. Zusehends wird sie als Kunstprojekt genutzt – sozusagen als Fetisch der Moderne. Aus unserer Sicht steht die Europalette auch sinnbildlich für das, was vom Mensch unserer Zeit erwartet wird: Er muss flexibel sein und sich jeder Situation anpassen können.
Wir haben die 120 cm lange und 80 cm breite Europalette also sehr bewusst als Baustein für unsere Installation auserkoren. Die Raumskulptur aus gestapelten Paletten nimmt Bezug auf die vielschichtigsten Themen der Postcity und steht für ein Synonym an Informationen rund um das Thema einer nachhaltigen Stadtentwicklung.
Wir sollten uns viel öfter nach dem Warum fragen und nicht vorschnell Erwartungen erfüllen, sondern Aufgabenstellungen hinterfragen und bei der Analyse möglichst viele Informationen in die Gedanken miteinbeziehen.